Evelyne González:
Mir hat es sehr geholfen, dass wir in der viermonatigen Qualifizierungsphase die Zeit hatten, uns vorzubereiten, und jeden Tag präsent sein mussten. Obwohl meine Kinder schon größer sind, war das für meine Familie trotzdem eine Umstellung. Meine Kinder kriegen im Alltag ja gar nicht mit, was ich alles mache. Und wenn man dann plötzlich weg ist, merken sie doch, dass sich einiges verändert. Diese vorgeschaltete Phase hat mir den Wiedereinstieg sehr erleichtert. Und ich fand es auch schön, morgens aus dem Haus zu gehen und zu wissen, dass ich jetzt was für mich tue.
Comeback:
Das Programm startet mit einer viermonatigen Qualifizierungsphase in einer festen Gruppe. Wie haben Sie diese erlebt?
Piraveena Rajakumaran:
Ich habe mich immer total auf die Gruppe gefreut. Es war irgendwie wie so ein kleines Nest. Man konnte sich austauschen und hat auch so viel von den anderen gelernt. Ich werde gleich total emotional, aber das hat mir so viel gegeben. Wenn man sich fragt, was man eigentlich falsch macht, wieso man keinen Job findet und woran das liegt, dann gibt es Halt in eine Gruppe mit Menschen zu kommen, die als Mütter die gleichen Herausforderungen haben wie du. Die tagtäglich ihre Zeit gut planen und koordinieren müssen. Die auch diesen Stress haben und sich fragen, wie sie das alles hinbekommen sollen. Und dieser tägliche Austausch hat einfach richtig gutgetan.
Evelyne González:
Das habe ich auch so empfunden, wie du das beschreibst. Unsere Gruppe war vom Alter und von den Berufen auch so schön gemischt. Es gab so viele Geschichten von jeder Einzelnen und wir haben uns immer gegenseitig gut weitergeholfen. Ich hatte zum Beispiel zunächst das Gefühl, dass ich schon so alt und solange raus aus dem Beruf bin. Die Gruppe hat mir geholfen, dass ich in meinen vermeintlichen Nachteilen irgendwann auch Vorteile sehen konnte. Beispielsweise, dass meine Kinder inzwischen ja schon größer und selbstständiger sind.
Comeback:
Nach der Qualifizierungsphase geht es in die Praxis. Zunächst folgt ein Praktikum, das dann meist zu einer Festanstellung führt. Wie hat sich die Corona-Pandemie auf den Wiedereinstiegsprozess ausgewirkt?
Piraveena Rajakumaran:
Viele Unternehmen meinten, dass sie wegen Corona keinen Praktikumsplatz anbieten können. Sie waren erst einmal damit beschäftigt, ihre eigenen Mitarbeitenden über Wasser zu halten. Daher war es schon erschwert für uns.
Evelyne González:
Ursprünglich wollte ich ja mal in den Kulturbetrieb gehen. Die Idee habe ich dann aber wegen Corona direkt wieder aufgegeben. Ich habe mich aber von den ganzen Bedenken, dass man die Jobsuche jetzt vergessen könne, nicht beeinflussen lassen, sondern versucht, das Positive zu sehen. Zum Beispiel, dass es jetzt vielleicht weniger Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt gibt. Wer wechselt in unsicheren Zeiten schon seinen festen Arbeitsplatz? Ich habe mir überlegt, welche Branchen von der Pandemie profitieren und bin auf die Lebensmittelbranche aufmerksam geworden. Der Biobereich zieht ja zurzeit stark an und wächst.
Und tatsächlich arbeite ich jetzt bei einem internationalen Biotee-Fabrikanten im Einkauf. Da kann ich auch meine Fremdsprachenkenntnisse und Erfahrungen im internationalen Umfeld einbringen. Vor Comeback habe ich ja wirklich gedacht, dass ich nichts kann und viel zu lange raus bin. Aber inzwischen weiß ich, dass man alles lernen kann und viel mehr mitbringt als einem bewusst ist.