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Mentale Stärkung für Frauen in der Ukraine

Zwischen schönen Erinnerungen und einem soliden Plan für die Zukunft

Frauen vor einer dunkel abgehängten Wand mit Fotos und Moderationskarten Frauen vor einer dunkel abgehängten Wand mit Fotos und Moderationskarten
Teilnehmerinnen des Workshops "Meine Motive und Ziele entdecken und handlungsfähig sein".  Foto: ©ELIOS

Rund 40 binnengeflüchtete Frauen in der Ukraine nahmen 2024 am Projekt "BUILD_UP“ teil, das die KWB in Kooperation mit dem Projektpartner ELEOS Ukraine durchführt. Die Teilnehmerinnen kommen ursprünglich aus den umkämpften Kriegsgebieten und haben zumeist Haus, Arbeit sowie ihre materielle Sicherheit verloren.

Viele sind getrennt von Angehörigen oder haben leidvolle Verluste zu tragen. So wie Svitlana, die erst vor wenigen Monaten ihren Mann im Krieg verloren hat. Sie nimmt am Projekt teil, um sich wie die anderen Frauen eine neue Existenz aufzubauen. 

Teilnehmerinnen erarbeiten Businesskonzept

Im Projekt "BUILD_UP" lernen die Frauen im Alter zwischen 30 und 62 Jahren Businesspläne sowie Finanzstrategien kennen und beschäftigen sich mit ihren persönlichen Bedürfnissen, Zielen und ihrer Resilienzfähigkeit. Dabei werden sie psychologisch begleitet und bekommen eine Mentorin zur Seite gestellt, die sie als selbstständige Unternehmerin berät. Das beste Businesskonzept wird am Ende des Projektes von einer Jury prämiert und finanziell gefördert.

KWB setzt Online-Workshop zu Resilienz und Handlungsfähigkeit um

Silke Potthast und Kerrin Heese von der KWB haben am 4. und 5. September 2024 im Online-Format das Modul "Meine Motive und Ziele entdecken und handlungsfähig sein" durchgeführt.

3 Frauen sitzen zusammen im Austausch. 3 Frauen sitzen zusammen im Austausch.
Die Projektteilnehmerinnen erhalten Unterstützung durch Workshops und Mentorinnen. Foto: ©ELIOS

In der Umsetzung war immer wieder Flexibilität und Improvisationsvermögen gefragt. So konnten sie an keinem der beiden Tage pünktlich starten, da es nachts jeweils zu starkem Beschuss auf Kyiv gekommen war. Die vielen Straßensperrungen am nächsten Morgen machten den Teilnehmerinnen ein Durchkommen zum Seminarort nur schwer möglich. Die online zugeschalteten Trainerinnen passten ihr Konzept auf die neue Zeitstruktur an, um trotzdem die Seminarziele zu erreichen.

Starke und berührende Entwicklungsschritte

Im Laufe der Arbeit öffneten sich die Teilnehmenden und entwickelten neue Perspektiven. So kam eine von ihnen mit dem Wunsch nach innerer Sicherheit und Schutz in das Seminar. Sie berichtete, dass sie schreckliche Dinge gesehen habe und niemand ihr Wohlgefühl und Sicherheit geben könne. Im Seminar hat sie einen neuen Glaubenssatz daraus entwickelt: Niemand kann mich so unterstützen, wie ich mich selbst. "Ich selbst muss Grund und Boden für mich sein und meine eigene Kraft und Sicherheit entwickeln", formulierte sie am Ende des Workshops.

Eine andere Teilnehmerin sagte, dass sie alle positiven Erinnerungen gelöscht habe, weil der Schmerz des Verlustes so groß sei. Während des Seminars konnte sie dann aber für sich feststellen, dass sie die Wärme, die ihr andere schenken, nicht auslöschen, sondern aufnehmen möchte.

Vertrauensvolle Atmosphäre durch gute Dolmetscherin

Die Dolmetscherin sitzt einer Gruppe von Frauen gegenüber Die Dolmetscherin sitzt einer Gruppe von Frauen gegenüber
Die Dolmetscherin (rechts im Bild) übersetzte konsekutiv vom Deutschen ins Ukrainische und umgekehrt. Foto: ©ELIOS

Silke Potthast und Kerrin Heese leiteten das Seminar auf Deutsch und wurden vor Ort von Katya Mihidenko ins Ukrainische übersetzt. Fragen und Antworten der Teilnehmerinnen übertrug die Dolmetscherin wiederum ins Deutsche. Durch ihr professionelles, unaufgeregtes und empathisches Agieren konnten ein guter Austausch und eine vertrauensvolle Atmosphäre entstehen.

Mutig in die Tiefe der Emotionen

"Ich bin total berührt, wie wissbegierig und offen die Teilnehmerinnen für die Inhalte sind", sagt Trainerin Silke Potthast. "Es gibt immer wieder Nachfragen und Kommentare. Sie wollen das Gelernte wirklich durchdringen, nicht nur auf der Oberfläche bleiben, sondern gehen mutig in die Tiefe ihrer Emotionen. Dabei ist bei vielen eine große Ambivalenz und auch Traurigkeit zu spüren. Sie wollen das Alte und die schönen Erinnerungen noch festhalten und sich trotzdem mutig aufmachen, Neues zu lernen, sich der Gegenwart zu stellen und ihre Zukunft selbstbestimmt zu gestalten."

Zwei Teilnehmerinnen sitzen zusammen im intensiven Gespräch. Zwei Teilnehmerinnen sitzen zusammen im intensiven Gespräch.
Zwei Teilnehmerinnen im intensiven Gespräch. Foto: ©ELIOS

Nähe trotz digitaler Kommunikation

Screenshot des Bildschirms mit drei Kacheln: Kerrin Heese, Silke Potthast und der Gruppenraum Screenshot des Bildschirms mit drei Kacheln: Kerrin Heese, Silke Potthast und der Gruppenraum
Die Trainerinnen Kerrin Heese (oben links) und Silke Potthast (unten) waren durchgängig digital dabei. Foto: ©ELIOS

Kerrin Heese freut sich über die Nähe, die sie trotz der äußeren Umstände aufbauen konnten: "Ich war zunächst skeptisch, inwieweit es möglich wäre, über ein Online-Tool mit den Frauen eine emotionale Verbindung aufzubauen. Aber es hat geklappt! Nachdem wir uns 'zurechtgeruckelt' und auch alle Fenster auf den Bildschirmen so hin und her geschoben hatten, dass die Gruppe der Teilnehmerinnen so groß wie möglich auf unserem Screen zu sehen waren, wuchsen die Nähe und das Interesse. Das Mitgefühl und der Wunsch, den Frauen etwas mitzugeben, wurde immer größer", so die Trainerin. "Das Tolle an dem von uns angewendeten Zürcher Ressourcenmodell ist ja, dass man den Teilnehmenden ein Werkzeug an die Hand gibt, das diese in Eigenregie dann immer weiter verfeinern und für sich in den Alltag einbauen können. So werden Ressourcen, die jeder Mensch schon mitbringt, auf sehr selbstwirksame Weise weiter gestärkt."

Format mit weiterer Gruppe durchgeführt

Am 24. und 25. September 2024 arbeiteten Silke Potthast und Kerrin Heese mit der zweiten Gruppe, diesmal in der Region Chernivtsi. Auch in der Zusammenarbeit mit dieser Gruppe wurde das Ziel erreicht: den Frauen mit Wärme und Empathie genug Know-how und Mut zu geben, ihre Ziele trotz widrigster Umstände zu verwirklichen. 

Der Workshop zeigt in Präsenz und hybrid seine Wirkung

Das Projekt gibt es schon seit sieben Jahren. Von 2017 bis 2019 war die KWB jedes Jahr vor Ort, unter anderem in Kiev, Odessa, Dnipro und Lviv. 2020 fand das Projekt wegen der Corona-Pandemie erstmals online statt, dafür gleich mit Gruppen in drei Regionen parallel. Danach wechselte sich die Umsetzung in Präsenz und online ab. Gefördert wird das Projekt vom Auswärtigen Amt.


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