Lernen und Arbeiten im 21. Jahrhundert
Fachkongress des ddn-Netzwerks Hamburg zur Digitalisierung der Arbeitswelt
Fachkongress des ddn-Netzwerks Hamburg zur Digitalisierung der Arbeitswelt
Überregionales Netzwerktreffen bei der Hamburger Logistik AG
Nach einer Einleitung des ddn-Arbeitskreisleiters, Dr. Alexander Spermann, Director of Labor Policy Germany IZA – Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit GmbH, stellte Katharina Janz, Leiterin Personalentwicklung bei der Hamburger Hafen und Logistik AG, den 30 Gästen das Unternehmen und die speziellen Arbeitsbedingungen im Hafen vor. "Kurze Liegezeiten der Schiffe, schneller Umschlag, zunehmende Technisierung und steigende Anforderungen an die Qualifikation der Mitarbeiter/-innen bestimmen unseren wirtschaftlichen Erfolg", erklärte Janz.
Obwohl das Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber ein gutes Image und geringe Fluktuation aufweise, sei die Gewinnung von Fachkräften aufgrund des hohen Altersdurchschnitts ein Thema. So initiierte Personalvorstand Heinz Brandt im Jahr 2013 die Einstellung von 100 neuen Mitarbeitern/-innen, die als Brücken- oder Van Carrier-Fahrer/-innen und für weitere Arbeiten im Hafen eingesetzt werden sollten. Die 1.700 Bewerber/-innen, darunter viele Langzeitarbeitslose, durchliefen ein mehrstufiges Auswahlverfahren bei der Hafenfachschule ma-co maritimes competenzcentrum e. V. Für die grundsätzliche Eignung spielen Schlüsselkompetenzen wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit im Hafen eine große Rolle, für fehlende Fachkenntnisse gab es Qualifizierungsangebote, die bis zum Facharbeiterschein führen konnten.
Beispielhaft für die Qualifizierungsbereitschaft der Mitarbeiter/-innen berichtete Uwe Boldt, langjähriger Mitarbeiter am Container Terminal Altenwerder, über seinen beruflichen Werdegang. Nach Überwindung eigener Probleme steht er nun den Kollegen/-innen als kollegialer Berater bei Problemen mit Rat und Tat zur Seite. Sein Engagement gilt insbesondere dem funktionalen Analphabetismus, einem oft unterschätzten Problem von Menschen, die von der schriftlichen Kommunikation ausgeschlossen sind. Übernommen wurde dieses Modell z. B. von der Firma Randstad, die ein eigenes Programm für betroffene Mitarbeiter/-innen aufgelegt hat.
Die psychologischen Aspekte des Lernens im Alter stellte Professor Dr. Michael Falkenstein vom Leibniz Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) vor. Neurologisch betrachtet besteht Lernen in der veränderten Kommunikation von Nervenzellen, entweder durch Bildung neuer synaptischer Verbindungen (Langzeitgedächtnis) oder durch Steigerung der Übertragungseffizienz bestehender Synapsen (Kurzzeitgedächtnis). Einschränkungen in den körperlichen und mentalen Funktionen in zunehmendem Alter sind laut Falkenstein nicht zu leugnen. Die Forschung belegt jedoch, dass einem Leistungsabfall mit geeigneten Mitteln entgegengewirkt werden kann. Beim Lernen gilt es, entsprechende Bedingungen für optimales Lernen Älterer zu schaffen: genügend Zeit, wenig Ablenkung, Strategievermittlung, ausreichender Schlaf. Negative Einflüsse wie Nachtschichten und chronischer Stress sind hinderlich, körperliches und kognitives Training förderlich für die mentale Fitness.
Was "Gutes Lernen" für die Gestaltung der Lern- und Arbeitsprozesse im Unternehmen bedeutet, erläuterte Prof. Dr. Christian Stamov-Roßnagel, Professor für Organizational Behavior an der Jacobs University, in seinem Beitrag. Ältere sind für ihn die Seismographen für gutes Lernen. "Sind die Bedingungen so ausgerichtet, dass Ältere erfolgreich lernen können, dann profitieren davon auch die Jüngeren", sagte Stamov-Roßnagel. Die Forschung hat bislang keine belastbaren Befunde dafür gefunden, dass die kognitive Leistungsfähigkeit mit dem Alter substanziell nachlässt. Wenn es gelingt, die Lernbereitschaft und die Lernkompetenz durch Motivation und Training zu erhalten, und wenn die Lernbedingungen förderlich gestaltet sind, lernen ältere Mitarbeiter/-innen genauso dazu wie jüngere. Voraussetzung für gutes Lernen ist ein positives Lern- und Altersklima im Unternehmen.
Wie Wissen im Unternehmen in einem strukturierten Prozess weitergegeben wird, stellte Kerstin Nethen, Pumacy Technology AG, in einer Einführung in die Methode des begleiteten Wissenstransfers vor. Ihr Unternehmen hat bereits 400 Prozesse erfolgreich begleitet. Weitere Anwendungsfelder neben der Verrentung wären z. B. Stellenwechsel, Aufstieg oder Einarbeitung neuer Mitarbeiter/-innen. In einem interaktiven Prozess werden Themen identifiziert, Aktionen vereinbart, ein Zeitplan erstellt und der Rahmen festgelegt. "Die Vorteile der Methode sind eine 30 Prozent schnellere Einarbeitung, der vollständige Wissenstransfer inklusive des impliziten Wissens, und ein Beitrag zur organisationalen Weiterentwicklung", führte Nethen aus.
Vortragsfolien zum Download
Arbeit für alle - auch im Zeitalter der Digitalisierung?, Dr. Alexander Spermann, Director of Labor Policy Germany IZA – Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit GmbH
Das Demographie Netzwerk Hamburg bietet im Rahmen des Forums "Qualifizierung und Wissensmanagement" einen Workshop mit einer detaillierten Einführung in die Methode des begleiteten Wissenstransfers an. Interessierte Unternehmen können sich bei der Netzwerkstelle per E-Mai unter schellhas@kwb.de anmelden.
Workshop "Wissenstransfer in älter werdenden Belegschaften"
Workshopleitung: Kerstin Nethen, Pumacy Technology AG
Mittwoch, 1. Juli 2015, 15:00 bis 18:00 Uhr
KWB e. V., Haus der Wirtschaft, Kapstadtring 10, 22297 Hamburg